Mahr | Referenzen

Mit KI auf Messers Schneide

| Marketing Team
MarSurf CM mobile prĂŒft MesseroberflĂ€che

Bislang erfolgte die QualitĂ€tsprĂŒfung bei einem Solinger Hersteller von KĂŒchenmessern mit dem menschlichen Auge. Ein Forschungsprojekt der UniversitĂ€t Wuppertal hat nun den Einsatz von KĂŒnstlicher Intelligenz (KI) dafĂŒr genutzt – die Basisdaten lieferte das 3D-MessgerĂ€t MarSurf CM mobile von Mahr.

Schon seit Jahrhunderten werden Messer, Klingen und andere Schneidwaren in Solingen produziert. Noch heute stammen etwa 90 Prozent der deutschen Schneidwaren- und Besteckhersteller aus der Stadt im Bergischen Land, die seit 2012 den amtlichen Namenszusatz „Klingenstadt“ fĂŒhrt.

Die QualitĂ€tsprĂŒfung dieser Metallwaren erfolgt in den meisten FĂ€llen durch das menschliche Auge oder einfach per Fingerprobe. Doch das könnte sich bald Ă€ndern: Das Forschungsprojekt „MuPro2“ am Lehrstuhl fĂŒr ZuverlĂ€ssigkeitstechnik und Risikoanalytik (LZR) der UniversitĂ€t Wuppertal hat sich ĂŒber drei Jahre damit beschĂ€ftigt, wie sich die QualitĂ€tskontrolle vollautomatisch per KĂŒnstlicher Intelligenz (KI) durchfĂŒhren lĂ€sst – und damit gĂ€nzlich unabhĂ€ngig vom Faktor Mensch.

Von der Klingenspitze bis zum Kropf

Im Rahmen des Projekts beauftragte ein Hersteller hochwertiger KĂŒchenmesser den Lehrstuhl, ein automatisiertes, 100 Prozent zuverlĂ€ssiges Kontrollverfahren fĂŒr die QualitĂ€t der OberflĂ€chen auf den Weg zu bringen. Die Messer werden aus unterschiedlichen Stahllegierungen geschmiedet, geschliffen, veredelt und geprĂŒft – bis zu 55 manuelle Arbeitsschritte erfolgen inklusive Versand, und von der Klingenspitze bis zum Kropf muss jedes Detail auf den Mikrometer stimmen.

Das Forscherteam um Dr.-Ing. Marcin Hinz, Oberingenieur am Wuppertaler Lehrstuhl vom Professoer Stefan Bracke, beschĂ€ftigt sich bereits seit zehn Jahren mit der praktischen Anwendung von KĂŒnstlicher Intelligenz sowie mit Machine Learning. Am LZR betreibt man vor allem Forschungsprojekte, Industriekooperationen und Lehrveranstaltungen rund um komplexe technische Produkte und Produktionsprozesse. Im Zentrum steht fĂŒr die Forscher die Datenanalyse bei der Produktentwicklung und -herstellung.

Lernen auf Basis riesiger Datenmengen

„Um an die entsprechenden Informationen fĂŒr eine KI-gestĂŒtzte Bildauswertung der MesseroberflĂ€chen zu kommen, benötigten wir zunĂ€chst prĂ€zise 3D-Messungen“, erklĂ€rt Hinz. Denn die Kameras fĂŒr die Bildauswertung mĂŒssen Fehler zuverlĂ€ssig erkennen können und diese zuvor per KI „erlernen“. Riesige Datenmengen sind dafĂŒr erforderlich.

Um OberflĂ€chendaten zu generieren, kam Messtechnikspezialist Mahr ins Spiel. Die Businesseinheit GAM 3D-Surface von Mahr in Oberhausen stellte den Forschern zwei Wochen lang ein MarSurf CM mobile zur VerfĂŒgung, um die OberflĂ€chen der Messer per 3D-Scan auf Rauheit zu messen.

Das optische Messsystem des MarSurf CM mobile von Mahr basiert auf der Konfokaltechnik, seine typische Messzeit liegt zwischen fĂŒnf bis zehn Sekunden. Mit dem 3D-MessgerĂ€t lassen sich ISO-konforme Rauheitsmessungen, Analysen von 3D-Strukturen und die Messung von Geometrien durchfĂŒhren. Die Auswertung von Strukturierung und Volumenparametern erfolgt automatisch.

Algorithmus entscheidet ĂŒber QualitĂ€t

FĂŒr das Messerprojekt entwickelten die Wissenschaftler zwei Versuchsaufbauten mit Kameras fĂŒr jeweils unterschiedliche Messertypen. Der erste PrĂŒfstand wurde mit einem gĂ€ngigen Kamerasystem ausgestattet, der zweite zusĂ€tzlich mit einem Makroobjektiv sowie mit zwei LED-Strahlern. Bei den PrĂŒflingen handelte es sich um Messerrohlinge, die bereits in Form und feingeschliffen waren – „gepliestet“, wie der Solinger Fachbegriff dafĂŒr lautet. Insgesamt sollten ĂŒber 2.500 Messer geprĂŒft werden, davon 1.750 StĂŒck mit dem Mahr-GerĂ€t.

Um die entsprechende Mahr-Auswertesoftware nutzen zu können, wurde eigens fĂŒr die UniversitĂ€t ein Algorithmus geschrieben. Mit diesen Daten wurden mehrere Machine-Learning-Algorithmen gefĂŒttert, trainiert und bewertet. Dabei entschied allein der Algorithmus ĂŒber die QualitĂ€t.

Trefferquote von nahezu 100 Prozent

Wie Marcin Hinz berichtet, haben die Versuchsaufbauten die gewĂŒnschten Ergebnisse erbracht: „Die ZuverlĂ€ssigkeit des Algorithmus‘ war extrem hoch, die Quote lag bei 80 Prozent mit taktilem MessgerĂ€t, bei nahezu 100 Prozent mit 3D-GerĂ€t.“

Beim Messerhersteller beschĂ€ftigt man sich nun mit der Frage, solch intelligente Kamerasysteme bereits an vorgelagerten Produktionsstationen zu installieren, um nötigenfalls in laufende Prozesse eingreifen zu können – und damit ganz konkret Ausschuss und Nachbearbeitung zu vermeiden.

Zudem habe kurzfristig auch die Überlegung im Raum gestanden, die Messtechnik direkt in die Produktion zu integrieren, was jedoch aus KostengrĂŒnden ausschied. „In der Produktionslinie sind viel Staub, Dreck, Ölreste, SpĂ€ne – es wĂ€re viel zu schade fĂŒr das GerĂ€t. Das CM mobile hat uns aber bestens beim Aufbau eines soliden Grundwissens unterstĂŒtzt“, so Hinz.

UrsprĂŒnglich sei das Projekt gar nicht so groß gedacht und nur eine kleine Studie angelegt gewesen. Durch den Erfolg und die einfache Verbindung von 3D-OberflĂ€chenanalyse, Datenauswertung und Anlernen des Algorithmus‘ habe sich dann aber ein Riesenforschungsfeld aufgetan, wie Hinz erklĂ€rt. Insofern darf man auf Folgeprojekte gespannt sein.

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